Hintergrund

Requiem in Marktl mit Bischof Stefan Oster

29.01.2023 · Marktl am Inn · Kirche St. Oswald · 16:00 Uhr

Andächtig und würdevoll haben die Pfarrei, das Geburtshaus und die Marktgemeinde Marktl mit einem Pontifikalrequiem Abschied von Joseph Ratzinger/Papst em. Benedikt XVI. genommen.

Am Gedenk­got­tes­dienst mit Bischof Dr. Ste­fan Oster SDB am Sonn­tag­nach­mit­tag in der dicht gefüll­ten Pfarr­kir­che betei­lig­ten sich die Orts­ver­ei­ne mit Fah­nen­ab­ord­nun­gen, zahl­rei­che Gläu­bi­ge aus nah und fern und die Geist­lich­keit mit neun Pries­tern und einem Dia­kon. Der Diö­ze­san­bi­schof wur­de zunächst vom Theo­lo­gi­schen Lei­ter Dr. Franz Harin­ger im Papst­ge­burts­haus begrüßt und reih­te sich danach in den Kir­chen­zug zum Got­tes­dienst in der Papsttauf­kir­che ein. Das Requi­em wur­de vom Kir­chen­chor unter der Lei­tung von Vero­ni­ka Pitt­ner ein­drucks­stark gestal­tet. Der Chor wur­de dem beson­de­ren Anlass gerecht und über­rasch­te auch mit einer Urauf­füh­rung, einem Requi­em, das Ruhe­stands­pfar­rer Josef Kai­ser vor eini­gen Jah­ren sel­ber kom­po­niert hat­te. Sein Nach­fol­ger Pfar­rer Meis­ter hieß die Besu­cher und Ehren­gäs­te will­kom­men, dar­un­ter sei­ne Mit­brü­der und die Mit­ar­bei­ter im pas­to­ra­len Dienst, MdB Ste­phan May­er, Bür­ger­meis­ter Bene­dikt Ditt­mann und wei­te­re Ver­tre­ter der welt­li­chen Gemeinde.

Der Orts­seel­sor­ger erin­ner­te auch an einen denk­wür­di­gen Satz Bene­dikt XVI. bei sei­nem Marktl-Besuch 2006: ​„Hier hat alles ange­fan­gen“, hat­te die­ser vor dem Tauf­stein betend bemerkt. Joseph Ratz­in­ger wur­de am 16. April 1927 schon weni­ge Stun­den nach sei­ner Geburt über dem Becken getauft. In sei­ner Anspra­che wür­dig­te Bischof Oster das Leben und das Werk Joseph Ratzingers/​Benedikt XVI. — ein ​„ein­fa­cher demü­ti­ger Arbei­ter im Wein­berg des Herrn“ und den­noch in höchs­ter Ver­ant­wor­tung für die gan­ze Welt. Sein ​„Weg aus den klei­nen Ver­hält­nis­sen bis zum hin­ein in das Petrus­amt war natür­lich alles ande­re als leicht und auch nicht unum­strit­ten. Trotz sei­ner geis­ti­gen Grö­ße und Bril­lanz ist Joseph Ratz­in­ger immer ein ein­fa­cher, freund­li­cher und zugäng­li­cher Mann geblie­ben. Und vor allem ande­ren ein tief­gläu­bi­ger Mann.“ Er habe sein Leben lang Zuflucht gesucht hat beim Herrn, bei Jesus und er woll­te ein Mit­ar­bei­ter sei­ner Wahr­heit sein. ​„Alles dreh­te sich für ihn um die Gestalt Jesu. Sei­ne Jesus-Bücher wer­den viel­leicht das geis­tig nach­hal­tigs­te Erbe sein, das er uns hin­ter­las­sen hat.“

Auch Joseph Ratz­in­ger sei ein fehl­ba­rer Mensch gewe­sen. ​„Und das gilt für jeden von uns und bei ihm zum Bei­spiel auch für die Fra­ge: Wie hät­te er mit der Erkennt­nis des Miss­brauchs als ver­ant­wort­li­cher Bischof von Mün­chen und Frei­sing bes­ser umge­hen kön­nen? Oder eher: Wie hät­te er die­ses Böse bes­ser erken­nen und das Leid der Betrof­fe­nen bes­ser und frü­her ver­ste­hen kön­nen, damals in den spä­ten sieb­zi­ger und frü­hen acht­zi­ger Jah­ren? Ich hal­te ihm aber auch zugu­te, dass er in ver­ant­wort­li­cher Posi­ti­on in Rom als Kar­di­nal als einer der ers­ten die gan­ze Trag­wei­te und Dra­ma­tik des The­mas erkannt und über­aus ent­schlos­sen ange­gan­gen ist.“ Allein in die­ser Zeit und unter sei­ner Ver­ant­wor­tung sei­en Hun­der­te von Kle­ri­kern aus der gan­zen Welt aus ihrem Dienst ent­las­sen wor­den. Und er habe als ers­ter Papst über­haupt die Betrof­fe­nen ein­ge­la­den und sich an ihre Sei­te gestellt.

Ganz still wur­de es in der Kir­che, als Bischof Oster aus einem bis­her nicht öffent­li­chen Brief Bene­dikts zitier­te, wo die­ser sei­ne Gedan­ken zum Ende sei­nes irdi­schen Lebens aus­drück­te. ​„Ich wer­de ja nun bald vor dem end­gül­ti­gen Rich­ter mei­nes Lebens ste­hen. Auch wenn ich beim Rück­blick auf mein lan­ges Leben viel Grund zum Erschre­cken und zur Angst habe, so bin ich doch fro­hen Mutes, weil ich fest dar­auf ver­traue, dass der Herr nicht nur der gerech­te Rich­ter ist, son­dern zugleich der Freund und Bru­der, der mein Unge­nü­gen schon selbst durch­lit­ten hat und so als Rich­ter zugleich auch mein Anwalt ist. … Mir kommt dabei immer wie­der in den Sinn, was Johan­nes in sei­ner Apo­ka­lyp­se am Anfang erzählt: Er sieht den Men­schen­sohn in sei­ner gan­zen Grö­ße und fällt vor ihm zusam­men, wie wenn er tot wäre. Aber da legt er sei­ne Hand auf ihn und sagt: Fürch­te dich nicht, ich bin es!“

Den Nach­ruf der welt­li­chen Gemein­de hielt Alt­bür­ger­meis­ter Hubert Gschwendt­ner: Wir sind unend­lich dank­bar, was Josef Ratzinger/​Papst Bene­dikt XVI. für Marktl getan hat“, beton­te er und berich­te­te von vie­len Begeg­nun­gen und der leben­di­gen Ver­bin­dung seit dem 13. Juli 1997, als der dama­li­ge Kar­di­nal Joseph Ratz­in­ger zum Ehren­bür­ger ernannt wur­de, was die­ser durch­aus zu schät­zen wuss­te. Gschwendt­ner zitier­te aus einem Dan­kes­schrei­ben: ​„Ich bin stolz und glück­lich, in einer Gemein­de gebo­ren zu sein und ihr nun als Ehren­bür­ger zuzu­ge­hö­ren, in der so viel Gemein­sinn und inne­rer Zusam­men­halt leben­dig sind. Ich freue mich, dass die gan­ze Gemein­de mir in so herz­li­cher Wei­se ent­ge­gen­ge­kom­men ist, dass sich spon­tan das Bewusst­sein des Daheimseins einstellte.“

Von da an habe es vie­le Kon­tak­te gege­ben, fuhr Gschwendt­ner fort und erin­ner­te z. B. an die Fahrt von 55 Leu­ten nach Rom auf Ein­la­dung des dama­li­gen Kar­di­nals, wo die­ser neben unver­gess­li­chen Ein­drü­cken auch eine Pri­vat­au­di­enz bei Papst Johan­nes Paul II. ermög­licht hatte.

Rie­sen­groß war natür­lich die Freu­de, als Kar­di­nal Joseph Ratz­in­ger am 19. April 2005 zu Papst Bene­dikt XVI. gewählt und Marktl welt­weit bekannt wur­de. Gschwendt­ner, von der ers­ten Minu­te der ​„Papst­zeit“ an vor­ders­ter Front tätig, sag­te: ​„Für uns Ver­ant­wort­li­che war es wich­tig, die Wür­de und Bedeu­tung des Papst­am­tes in den Mit­tel­punkt zu stel­len. Das wur­de damals auch vom Bene­dikt in Rom wahr genom­men. „ Ange­sichts all des­sen bin ich wirk­lich stolz auf mei­nen Geburts­ort, der sich einer so uner­war­te­ten Situa­ti­on durch Soli­da­ri­tät und Opfer­be­reit­schaft in beein­dru­cken­der Wei­se gewach­sen zeigt“, hat­te er geschrieben.

Gschwendt­ner erwähn­te die bewe­gends­ten Momen­te, so etwa als Papst Bene­dikt beim legen­dä­ren Über­flug über Marktl in direk­ten Funk­kon­takt mit der Men­schen­men­ge auf dem Markt­platz ein Gruß­wort sprach und mit ihnen ein Ave-Maria bete­te. Ein his­to­ri­sches Ereig­nis sei natür­lich auch der Besuch des Hei­li­gen Vaters am 11. Sep­tem­ber 2006 gewe­sen. ​„Die vie­len Begeg­nun­gen mit Men­schen aus aller Welt, die hoch­ka­rä­ti­gen Fes­te und Fei­ern, die Part­ner­schaf­ten mit Wado­wice und Sot­to il Mon­te waren für uns eine enor­me Bereicherung.“

Der Erwerb des Papst­ge­burts­hau­ses und die Umge­stal­tung zu einem Haus der Begeg­nung durch die Diö­ze­se Pas­sau sei­en ein Glücks­fall für die Gemein­de Marktl gewe­sen, füg­te er hin­zu. Mit Stolz und Freu­de zitier­te Gschwendt­ner auch eine Aus­sa­ge Bene­dikt XVI. über sei­nen Tauf- und Geburts­ort Marktl: ​„Ich spü­re hier so rich­tig ein Gefühl des Zuhaus­e­seins unter all den freund­li­chen und wohl­ge­son­ne­nen Men­schen, die die glei­che Spra­che spre­chen und der glei­che Glau­be ver­bin­det. Nach lan­ger Lebens­rei­se ist es schön, sei­ne Wur­zeln wie­der zu ent­de­cken. Die­ser Rück­halt in mei­ner Hei­mat hat mich immer gestärkt und bleibt eine Freu­de für mich.“

Zum Schluss des Got­tes­diens­tes dank­te Pfarr­ge­mein­de­rats­vor­sit­zen­de San­dra Mai­er beson­ders dem Bischof für sein Kom­men und die Pfar­rei freu­te sich, dass er sich auch noch Zeit nahm und sich beim abschlie­ßen­den Emp­fang im Pfarr­saal unters Volk mischte.

Text: Moni­ka Kleiner Fotos: Fredi Kleiner